110 km auf selten betretenen Pfaden durch das Elbsandsteingebirge

Eines der wohl beeindruckendsten Naturwunder Deutschlands ist das Elbsandsteingebirge, welches sich durch Sachsen bis nach Tschechien zieht. Die Tafelberge und einzigartigen Sandsteinformationen sind Sehnsucht vieler Wanderer und waren und sind Muse für viele Künstler und Freidenker. Darum sind viele touristische Ausflugsziele stark frequentiert. Wer sich jedoch zivilisationsferner durch die malerische Landschaft bewegen will, kann dies auf dem 2018 neu eröffneten Forststeig nun auch im Elbsandsteingebirge. Auf ca. 110 km zieht der Forststeig weite Schleifen durch die sächsische und böhmische Schweiz. Oft wandert man auf schmalen, selten betretenen Pfaden völlig allein durch den Wald. Schlafmöglichkeiten gibt es in fünf Hütten, vier Biwakplätzen und zahlreichen Boofen.

In 6 Tagen von Schöna über Tschechien bis nach Bad Schandau

Tag 1 Von Schöna zum Taubenteichbiwak

Unsere Weitwanderung beginnt um 4 Uhr morgens in Berlin. Mit der Bahn gelangen wir ins sächsischen Örtchen Schöna. Direkt am Bahnhof entdecken wir schon den ersten Forststeigwegweiser, der uns direkt in den Wald führt. Dort wartet eine Übersichtskarte auf uns, auf welcher die komplette Route mit Höhenprofil abgebildet ist. Noch etwas unrealistisch erscheint es mir, dass ich mit meinem 13 kg schweren Rucksack diese komplette Route schaffe, alle 12 Gipfel des Forststeigs erklimme und trotzdem erholt nach Hause kommen soll.

Begleitet vom gelben Forststeigzeichen geht es nun immer tiefer in den Wald, viele kleine und große Felsformationen erinnern mich daran, dass wir uns hier im Elbsandsteingebirge und nicht im heimischen Forst befinden. Die schmalen Pfade sind gesäumt von Brombeersträuchern, an welchen wir uns mit Freude bedienen. Nach einiger Zeit zeigt der Forststeig sein wahres Profil: Viele Auf- und Abstiege auf sehr selten betretenen Pfaden abseits der Wanderwerge sollen uns noch die restlichen 110 km stetiger Begleiter sein. An einem klaren Bachlauf machen wir die erste Pause und erfrischen uns mit dem kalten Wasser.


Weiter geht es Richtung Großen Zschirnstein (561 m). Der Aufstieg ist anstrengend, aber oben angekommen hat sich der Weg mehr als gelohnt. Der erste Blick über die Landschaft ist atemberaubend. Der folgende Abstieg hat es in sich! Der Forststeig führt über viele steile Abhänge nach unten, dabei schlängelt sich der schmale Pfad durch den dicht von Farnen bewachsenen Waldboden. Am Fuße des Zschirnsteins gelangen wir zum ersten Biwakplatz. Das Ziel unserer ersten Etappe ist jedoch anderes. Der nun folgende Pfad führt an der deutsch-tschechischen Grenze entlang. Laut Forststeigführer wäre die Grenzbaude das eigentliche Ziel unserer Etappe, wir beschließen jedoch, noch weiter zu gehen, da uns ein Freund das wenige Kilometer entfernte Taubenteichbiwak empfohlen hatte. Auf dem Weg dorthin haben wir die Möglichkeit, an einer gefassten Quelle unsere Wasservorräte aufzufüllen.

Die letzten zwei Kilometer geht es ständig bergauf und bergab und die zusätzlichen 4,5 kg Gewicht in meinem Rucksack machen sich deutlich bemerkbar. War ich doch den Tag über so motiviert, bin ich nun froh, als wir endlich unseren Biwakplatz erreichen, dort die Rücksäcke absetzen und die Füße von den Wanderschuhen befreien. Der Biwakplatz liegt an einem Teich, außerdem gibt es einen Lagerfeuerplatz. Unsere Nacht verbringen wir in der Biwakhütte, sie wurde von Studierenden der TU Dresden konstruiert und bietet in Zweierabteilen Platz für bis zu sechs Personen. Zum Abendessen gibt es bei uns Couscous und nachdem wir noch einige Zeit mit anderen Wanderern am Lagerfeuer sitzen, fallen wir um 21.30 Uhr todmüde ins Bett.

Tag 2 Vom Taubenteichbiwak ins Himmelreich

Der zweite Tag unserer Wanderung beginnt mit: Schmerzen. Mein Rücken tut weh von der Nacht auf der harten Holzplatte im Biwak, vielleicht ist die 30 Jahre alte ThermaRest Isomatte meiner Mutter nicht die beste Idee gewesen. Außerdem schaffe ich es, beim Runterspringen aus der Schlafkabine am Schließmechanismus hängen zu bleiben und mir eine fette Schürfwunde zuzuziehen. Der Tag wird auch nicht besser, als wir zum allerersten Mal Porridge kochen. Nach den ersten zwei Löffeln bin ich überzeugt: Erwachsene Menschen sollten einfach kein Essen in Breiform zu sich nehmen, Kartoffelbrei sei hier mal ausgenommen. Trotzdem starten wir motiviert in die zweite Forststeigetappe. Es ist schon ein Luxus, ohne Anfahrt direkt weiterwandern zu können.


Nun beginnt ein eher zäher Teil der Strecke auf asphaltierten Straßen. Dann aber starten wir dem Aufstieg auf den Děčínský Sněžník, den Hohen Schneeberg (723m). Vor uns läuft ein Mann, der warum auch immer, ein Damenfahrrad bis nach oben schleppt, da bin ich dann wieder froh, dass ich „nur“ den Rucksack tragen muss. Oben auf dem Schneeberg bietet sich uns ein wunderschöner Blick über die umliegende Landschaft. In dem kleinen Bergrestaurant gönnen wir uns auf der Terrasse ein Radler. Wir statten außerdem dem Aussichtsturm einen kurzen Besuch ab.

 

Hinunter geht es leider wieder größtenteils auf einer asphaltierten Straße, aber dann verläuft der Weg in den Wald Richtung Ostrov. Am Ortseingang stehen verlassene Häuser und kein Mensch ist zu sehen. Unsere Etappe würde heute eigentlich am Campingplatz Ostrov enden, dort trinken wir jedoch nur eine Apfelschorle und füllen unsere Wasservorräte auf. Unser Plan ist es, in den Felswänden „Himmelreich“ zu boofen. Wir entdecken nach längerer Suche eine kleine Höhle und richten dort unser Nachtlager ein. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so gut in freier Natur schlafen würde. Lediglich eine einzige Fledermaus begegnet uns in dieser Nacht.

Tag 3 Aus dem Himmelreich in die Kamphütte

Gut erholt wachen wir am nächsten Morgen in unserer gemütlichen Höhle auf. Der Frühstücksbrei schmeckt zwar immer noch nicht, doch wir machen uns gut gelaunt auf den Weg nach Tisá. Wir entscheiden uns, den Forststeig kurzzeitig zu verlassen und einen Abstecher zu den Tyssaer Wänden zu machen. Dort gibt es viele einzigartige Felsformationen und der Ausflug lohnt sich. Kristoffer klettert mit seiner Kamera zur Hand auf den Felsen umher, während ich mir genau vorstellen kann, dass hier mal Fische herumgeschwommen sind. Die heutige Etappe ist die kürzeste der ganzen Tour. Ich bin jedoch dankbar, denn mittlerweile spüre ich jeden einzelnen Muskel meines Körpers, mir war vorher gar nicht bewusst, welche Muskeln alle essentiell fürs Laufen sind.

Einige Zeit wandern wir auf einem Forstweg durch den Wald, mit dem folgenden Anstieg tauchen auch wieder kleine und größere Felsformationen auf. Wir müssen aufpassen, wo wir die Füße hinsetzen, denn es geht über große Wurzeln und Steine auf einem schmalen Pfad am Rande der Felskante entlang. Auf einem großen Sandstein, dem Vogelwandkegel, machen wir eine Pause. Dort gibt es auch ein kleines Wegbuch, in das wir uns eintragen. Der folgende Abstieg ist ebenso abenteuerlich wie der vorherige Teil der Strecke. Durch kleine Schluchten, über umgefallene Bäume und enge Felsen geht es hinab. Es folgt ein Anstieg auf den Zeisigstein, von dem aus wir sogar das Erzgebirge erblicken können. Abgelenkt von den Brombeersträuchern verpassen wir an einer Abzweigung die Forststeigzeichen und verlaufen uns ein kleines Stück. Jedoch haben wir es mit dem Verirren ganz gut getroffen, denn wir gelangen an einen weiteren einsamen Aussichtspunkt, den Hartenstein.

Zurück auf dem Forststeig geht es nun immer Richtung Kamphütte. Auf dem Weg dorthin laufen wir eine Schleife um das Kochemoor. Dieses Naturflächendenkmal ist das letzte Moor auf sächsischer Seite und somit für uns die Extrameter wert. Die letzten Kilometer zum Ziel führen im Beutwald auf einem Forstweg entlang, dort finden gerade aktive Forstarbeiten statt. Auf der heutigen Etappe haben wir viele Sturmschäden entdeckt und das sich uns nun zeigende, komplett abgeholzte Quadrat schockiert uns. Vom Sachsenforst haben wir jedoch im Nachhinein die Info erhalten, dass Sturm- und Borkenkäfer den Wald so geschädigt haben, dass solche Quadrate leider entstehen. Begleitet von den Klängen des Harvesters kommen wir schließlich an der Kamphütte, unserem heutigen Schlafplatz an. Die Hütte ist sehr sauber und gemütlich. Schon gegen halb acht liegen wir im Schlafsack. Noch bevor es dunkel ist, fallen wir in einen tiefen Schlaf.

Teil 2 findest du hier!

Weitere Eindrücke der ersten drei Tage: